Im Oktober 2003 übernahmen die Bewohner von El Alto (Bolivien) durch Nachbarschaftsräte oder andere Instanzen die Stadtteilregierungen und ersetzten damit die staatlichen Strukturen, die ihre Legitimität verloren hatten und von der Bildfläche verschwunden waren. Alle Berichte über den Aufstand stimmen darin darüber, dass dies weder von einer Organisation noch von einer Führung, sondern direkt von den Anwohnern der Stadtteile getragen wurde, deren Bewegung alle etablierten Institutionen und Organisationen an den Rand drängte.
Der Autor untersucht die Aufstände, Rebellionen und Mobilisierungen, die zum Aufstand im Oktober 2003 geführt haben, der mit dem Sturz des neoliberalen Präsidenten Losada endete und letztendlich zum Wahlsieg von Evo Morales führte.
Wie löst die soziale Mobilisierung die Institutionen auf – sowohl die staatlichen als auch die der Parteien und Gewerkschaften? Die Antwort findet Zibechi in der Ausdehnung der kommunitären Entscheidungs- und Aktionsformen und in der zentralen Rolle der nachbarschaftlichen Gemeinschaft. Die indigene Tradition findet sich hier ebenso wie die Erfahrung der Migranten in den modernen Großstädten.
Ein Beitrag zur Lösung von Staats- und Finanzkrisen.
Bolivien
Die Zersplitterung der Macht
Aus dem Spanischen übersetzt von Horst Rosenberger
Deutsche Erstausgabe
Broschur, 224 Seiten
Erschienen Februar 2009
8,90 €
Titel im Buchhandel vergriffen. Restexemplare beim Verlag erhältlich (Büchersendung, ca. 5 Werktage per Post).
Buchinfos | Broschur, 224 Seiten |
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Autor

Raul Zibechi
Raúl Zibechi, Redaktionsleiter für Internationale Politik der uruguayischen Wochenzeitschrift Brecha, regelmäßiger Mitarbeiter der mexikanischen Zeitung La Jornada sowie verschiedener anderer lateinamerikanischer und europäischer Medien. Er ist Autor zahlreicher Bücher über die neuen sozialen Bewegungen in Lateinamerika. Im Juli 2003 wurde er für seine Chroniken über die Volksrevolte 2000-2001 in Argentinien mit dem Premio José Martí ausgezeichnet.
»Raúl Zibechis Gespür für die Orte, an denen die soziale Veränderung stattfindet, und seine Bereitschaft, sich mitten ins Geschehen zu stürzen und es sorgfältig zu analysieren, machen ihn zu einem modernen John Reed.« Le Monde Diplomatique, Argentinien
John Holloway, geb. 1947 in Dublin, ist Politikwissenschaftler und lehrt seit 1993 an der BUAP in Puebla/Mexiko. Seine Arbeiten zeigen den starken Einfluss der zapatistischen Bewegung in Mexiko. In Deutschland wurde er bekannt durch sein Buch Die Welt verändern, ohne die Macht zu übernehmen.
Pressestimmen
„… beschreibt … sehr genau den indigenen Aufstand vom Oktober 2003.“
Andreas Fanizadeh, taz
»… äußerst unpathetisch und präzise.«
Katharina Döbler, Deutschlandradio Kultur
»… ein wichtiger Beitrag zur aktuellen linken Debatte, nicht nur zu Lateinamerika.«
Gert Eisenbürger, Ila
Leseprobe
Die Folge von Kämpfen und Aufständen, in denen die bolivianischen Völker seit 2002 die Hauptrolle gespielt haben, ist möglicherweise die tiefgreifendste »Revolution in der Revolution« seit dem zapatistischen Aufstand 1994 gewesen. Für die Völker des lateinamerikanischen Kontinents sind die Kämpfe in Bolivien ein zentraler Bezugspunkt und lebendiger Lehrstoff für die Herausforderungen, die uns die soziale Emanzipation stellt. Während der Zapatismus in den 1990er Jahren eine neue Form von Politik jenseits des Staates sichtbar gemacht hat, zeigen uns die bolivianischen Bewegungen, dass der Aufbau nicht-staatlicher Mächte nicht nur wünschenswert, sondern möglich ist; dass die Macht nicht unbedingt ein von der Gesellschaft getrenntes und ihr übergeordnetes Organ sein muss und dass es möglich ist, die ersehnte andere Welt zu schaffen, ohne zuvor diesen Albtraum durchleben zu müssen, den der Staat seit jeher für alle Libertären, bei Marx angefangen, gewesen ist.
Welchen Beitrag leisten die bolivianischen Kämpfe für die lateinamerikanischen Völker und uns Menschen, die wir eine neue Welt schaffen wollen? Die »Kriege« um das Wasser und Erdgas (2000 und 2003) zeichneten sich wie die anderen Kämpfe auf dem Kontinent durch die Abwesenheit von Avantgarden und Führungsapparaten aus. Es waren Aufstände, die außerhalb der Gewerkschafts-, Bauern- oder Parteiverbände organisiert und gewonnen wurden, ohne ein oben und unten, ohne die klassische Trennung zwischen Führern und Geführten. Außerdem haben diese Auseinandersetzungen gezeigt, dass für den Kampf und den Sieg das bereits Bestehende ausreicht: vor allem die traditionellen Dorfgemeinschaften (ayllus) sowie die städtischen Wasserverbrauchergemeinschaften und die Nachbarschaftsvereinigungen (juntas vecinales). Dass die Kämpfe und Aufstände von denselben Organisationen getragen werden, die im Alltagsleben verankert sind und seine Organisierung übernehmen, ist eines der neuen Wesensmerkmale der (immer gleichzeitig sozialen und politischen) Bewegungen Lateinamerikas. Ich halte es für notwendig, diesen Punkt genauer zu untersuchen.
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