Wiederbelebung

Erinnerungen
edition fünf (Band 22)

Deutsch und mit einem Nachwort
von Ebba D. Drolshagen

Deutsche Erstausgabe
Ganzleinenband, fadengeheftet, mit Prägung,
Geschenkbanderole und Lesebändchen, 216 Seiten

Erschienen August 2014

19,90 

Die wahre Geschichte einer lebenslangen Reise zu sich selbst. Memoiren einer jungen Frau vor und nach ihrem Coming-out.

Im Sommer 1964 packt die 19-jährige Judith ihre Koffer und düst mit dem Cabrio ihrer Mutter nach Katalonien, um einen Job als Touristenführerin anzutreten. Was nach jugendlicher Abenteuerlust klingt, ist in Wahrheit zugleich Flucht und Suche: Wenige Monate zuvor sind Judiths Eltern ums Leben gekommen –  ertrunken, als sie bei einem Feuer auf dem Kreuzfahrtschiff Lakonia genötigt waren, mitten in der Nacht ins eiskalte Meer hinabzusteigen.

Um ihren brennenden Schmerz zu betäuben, stürzt sie sich in den Exzess: Sie feiert die spanischen Nächte durch, geht zahllose Affären mit Männern ein und treibt Körper und Seele an ihre Grenzen. Erst Jahre später gelingt es ihr, die Trauer über den Verlust der Eltern zuzulassen und sich zugleich einzugestehen, was sie schon lange geahnt hat – dass sie echte Liebe und Begehren nur für Frauen verspürt. Was an dieser Suche besticht, ist der beherzte unsentimentale Stil der Autorin, gewürzt mit einem guten Schuss (Selbst-)Ironie und Poesie.

Buchinfos

Ganzleinenband, fadengeheftet, mit Prägung, Geschenkbanderole und Lesebändchen, 216 Seiten

Autorin

Judith Barrington wurde 1944 in Brighton geboren und lebt seit 1976 als Dichterin, Biografin und Literaturkritikerin in Portland, Oregon. In Deutschland kennt man sie durch ihr Buch »Erinnerungen und Autobiografie schreiben«. Für »Wiederbelebung« wurde sie mit dem Lambda Book Award ausgezeichnet.

Die Übersetzerin Ebba D. Drolshagen lebt als Buchautorin, Rundfunkjournalistin und Reisejournalistin in Frankfurt, seit 1985 übersetzt sie Romane und Sachbücher aus dem Englischen, Norwegischen und Dänischen.

Pressestimmen

»Die Leserinnen und Leser werden an diesem Buch schätzen, wie es die Härten des Lebens schildert, und es gleichzeitig lieben für das sonnenhelle Bild einer Frau, jung, wild und von ungestümer Lebendigkeit.«
Ursula de Guin, Autorin

»Treffend entwirft Judith Barrington ein opulentes Bild des Kleinstadtlebens in Spanien während der Franco-Diktatur und verwebt es mit ihren Erkenntnissen über die Tragödie, die ihr Leben veränderte.«
Publishers Weekly (Starred Review)

»Die Rettung eines Lebens durch das Erinnern, das ist die große Leistung von ›Wiederbelebung‹.«
Jury des Pen / Martha Albrand Award for the Art of the Memoir

Leseprobe

Ich spüre immer noch den klammen Nebel auf dem Gesicht. Und ich kann auch meine Eltern sehen: Pa mit der blauen Baskenmütze, mit der er auf geradezu absurde Weise weder einem französischen Fischer noch einem Maler ähnelte … Und meine Mutter? Ich erinnere mich an die massige Erscheinung ihres zusammengekauerten Körpers, ihren angespannten Blick, die Furche zwischen den Augenbrauen. Ich erinnere mich an die physische Gestalt ihrer Besorgnis, die in mir immer ein Gefühl der Panik auslöste und den Wunsch, sie zu retten.

Was ich nicht in den Fokus bekomme, ist die Tochter. Die schmollende Zwölfjährige, die ihre Füße provokant über das körnige Kajütendach zieht, als man sie bittet, am Bug Ausschau zu halten. Sie kann nicht nur von schlichtem Hass auf ihren Vater angetrieben gewesen sein, aber nur an ihn erinnere ich mich. Es muss noch etwas anderes gegeben haben, und doch ist dieser Zorn alles, was haften geblieben ist – die einzige Erinnerung, die auch sieben Jahre später noch existierte, als der Vater die Mutter erneut mit aufs Meer nahm. Und die Tochter nicht dabei war, um jemanden zu retten.