Stuart Christie ist gestorben

Und schon wieder ist einer gegangen: wir sind sehr traurig über den Tod von Stuart Christie.

Stuart Christie

Stuart Christie

56 Jahre ist es her, dass Stuart Christie an einem August-Tag mit einem Rucksack voller Sprengstoff auf dem Rücken durch Madrid spazierte, fest entschlossen, General Franco zu töten. Nun ist Stuart Christie, Großbritanniens berühmtester Anarchist, am 15. August 2020 im Alter von 74 Jahren verstorben. Seine Autobiografie »Meine Oma, General Franco und ich« ist 2014 in unserem Verlag erschienen. 

1946 in Glasgow geboren und benannt nach dem britischen Thronprätendenten Charles Edward Stuart wuchs er bei seiner Mutter und seinen Großeltern in ärmlichen Verhältnissen im Glasgower Arbeiterviertel Partick auf. Durch seine Großmutter kam er schon früh mit anarchistischer Moral in Berührung, bereits als Jugendlicher engagierte er sich politisch.
In dem Sommer, in dem die Beatles die europäischen Hitparaden anführten, Nelson Mandela zu lebenslanger Haft verurteilt wurde und Lyndon B. Johnson die Aufhebung der Rassentrennung unterzeichnete, machte sich der damals achtzehnjährige Stuart Christie auf nach Madrid. Am 11. August 1964 trug er einen Rucksack voller Sprengstoff auf dem Rücken durch Madrid, für ein Attentat auf General Franco.
Doch Christie wurde gefasst, vor Gericht gestellt und hatte das unwahrscheinliche Glück, dem Tod durch die ›Garotte-vil‹ zu entkommen und stattdessen zu 20 Jahren Haft verurteilt zu werden. Er saß jedoch nur drei Jahre dieser Strafe ab, nachdem der internationale Druck (u.a. durch Kampagnen von Bertrand Russell und Jean-Paul Sartre) sowie ein Gnadengesuch seiner Mutter für seine Freilassung sorgten. 
Nach seiner Freilassung und Rückkehr nach England gründete er die Gefangenenhilfsorganisation Anarchist Black Cross und, mit Albert Meltzer, die Zeitschrift Black Flag sowie den Verlag Cienfuegos Press. Er gab zahlreiche anarchistische Schriften heraus. 

Ausgerechnet an Mariä Himmelfahrt ist er, etwas über ein Jahr nach seiner Frau, mit der er 50 Jahre lang zusammenlebte, gestorben.
Gabriele Haefs, die Christies Autobiografie für uns übersetzt hat, schreibt:
»Für mich kam Stuarts Tod ganz überraschend, wir hatten immer Kontakt, aber ich wusste nicht, wie krank er war. Er war die ganze Zeit unermüdlich aktiv, voller Aktivitäten und Pläne, und seine Website Christiebooks war bis zuletzt eine ständig erneuerte und erweiterte Informationsquelle. Besonders leid tut es mir für seine beiden kleinen Enkelinnen, die jetzt ihren wunderbaren und liebevollen Großvater verloren haben.«

Wir werden seinen Esprit, seine Herzlichkeit und seinen Witz sehr vermissen.

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