Kein fremder Land

Roman

Neuausgabe
Broschur, 256 Seiten

 

Der Titel ist leider restlos vergriffen!

978-3-89401-409-4

»Kein schöner Land in dieser Zeit…«

Doris Gercke erzählt eine Geschichte aus unserem Land, die Zeit ist die nahe, bedrückende Zukunft: Die Schriftstellerin Lisa Talbach ist eine Frau, auf deren Wort man hört, die auf ein umfangreiches Werk zurückblickt, die politische Entwicklungen durchaus verfolgt und der es doch plötzlich scheint, als habe sie an ihrem Schreibtisch gesessen und Märchen erzählt, während um sie herum die Häuser angezündet wurden. Und daß es brennt, daß die extreme Rechte die bevorstehenden Wahlen gewinnen wird, wird immer deutlicher.
Talbach entschließt sich zum Rückzug in die Arbeit, in ihr Häuschen auf Mallorca. Von hier aus glaubt sie dem zuschauen zu können, was in ihrem Land passiert. Sie hat nicht bedacht, wie schnell sich die Verhältnisse ändern, wie gering die Widerstandskraft ist – auch die eigene -, wenn Gewalt ins Spiel kommt.
Als die neuen Machthaber beschließen, die berühmte Autorin gehöre nach Deutschland, ist sie ganz auf sich allein gestellt. Lisa Talbach muß sich entscheiden zwischen Kampf oder Resignation, zwischen Leben oder Tod.

Buchinfos

Neuausgabe Broschur, 256 Seiten

Autorin

Doris Gercke

Doris Gercke

Doris Gercke, 1937 in Greifswald geboren. 1988 erschien ihr erster Roman Weinschröter, du mußt hängen; es folgten zahlreiche erfolgreiche Kriminalromane, die auch in den USA, Spanien, Schweden, Finnland und Dänemark erschienen. Mehrere ihrer Bella-Block-Stoffe wurden mit Hannelore Hoger in der Titelrolle verfilmt. 1991 wurde Gercke als Krimi-Autorin des Jahres in Deutschland und in Schweden preisgekrönt; 2000 erhielt sie den »Ehrenglauser« für ihre Verdienste um den deutschsprachigen Krimi. Doris Gercke lebt heute in Hamburg.

Pressestimmen

»Doris Gercke kennt man als Autorin der Bella-Block-Krimis, die mit Hannelore Hoger in der Titelrolle überaus erfolgreich verfilmt wurden. Kein fremder Land ist von ganz anderem, viel persönlicherem Format. Die Heldin, Lisa Talbach, ist eine engagierte Schriftstellerin und plötzlich ganz auf sich allein gestellt, als die extreme Rechte die Wahlen gewinnt […] Ein erbarmungsloses und sehr aktuelles Buch.«
Berner Zeitung

»Erbarmungslos und unerbittlich, präzise und poetisch, sozialkritisch und doch literarisch kunstvoll hält Doris Gercke uns den Spiegel vor.«
Der Tagesspiegel

»Der Blick dieser Autorin auf ihre Umwelt verabscheut den schönen Kitsch.«
Hamburger Abendblatt

Leseprobe

Vom Ende der Straße her kamen Männer, die sich schnell und lautlos auf sie zubewegten. Es waren drei, und als sie sich umsah, sah sie zwei weitere, die ebenso lautlos und schnell von hinten auf sie zukamen. Sie blieb stehen, verfluchte ihren Leichtsinn, als sie feststellte, daß sie ohne die Spraydose ausgegangen war, und hoffte noch, daß sie sich täuschte. Ohne etwas zu sagen, blieben die Männer stehen und bildeten einen Kreis um sie. Der Kreis war weit, und als sie versuchte weiterzugehen, schlossen sie ihn ein wenig enger und begannen, Talbach zwischen sich hin und her zu stoßen.
Es hat keinen Sinn zu schreien. Es ist eine überflüssige Kraftanstrengung. Locker bleiben, du mußt dein Gesicht verdecken.
Sie nahm den rechten Arm vor das Gesicht, nahm ihn aber wieder herunter, als ihr einfiel, daß sie sich die Gesichter der Männer einprägen sollte. Es waren junge Männer. Sie hatten Schals vor ihre Gesichter gezogen und waren nicht zu erkennen. Dann tauchte am Ende der Straße eine Gestalt auf. Sie begann mit aller Kraft zu schreien. Es schien die Männer nicht zu stören, daß sie schrie. Ihre Stöße wurden härter, sie flog zwischen ihnen hin und her, und sie schrie und schrie, und dann trat einer der Männer zur Seite, und sie wurde durch die Lücke im Kreis auf das Straßenpflaster gestoßen und schlug hart auf. Sie hörte kaum, wie die Männer wegliefen. Sie schrie nicht mehr.
Dann kniete jemand neben ihr, und sie spürte den Schmerz in der rechten Schulter.
Sind Sie verletzt? Hat man Ihnen etwas weggenommen?
Die besorgte Stimme eines Mannes. Talbach blieb liegen und wartete darauf, daß das Dröhnen in ihrem Kopf nachließe. Nach einer Weile sagte sie leise: Helfen Sie mir, bitte, und streckte den linken Arm in die Höhe. Der Mann faßte ihre Hand und zog sie behutsam in die Höhe. Er war sehr viel größer als sie. Als sie sich ihm zuwandte und einen Schritt zurücktrat, sah sie gegen seine Brust auf ein schwarzes Hemd und auf eine schwarze Krawatte. Sie hob den Kopf. Das Gesicht darüber kannte sie nicht.