Das Trottelbuch

Neuauflage
Gebunden, 96 Seiten

Erschienen Januar 2013

14,00 

In einem Caféhaus sitzen ein paar junge Männer, trinken und lesen sich ihre Texte vor. Heftig, abgehackt und assoziativ hält die Künstlerbohème mit ihren Saufgelagen und ihrer Wut auf alles Gutbürgerliche Einzug in die Literatur.

Der Zerfall der bürgerlichen Identitäten, der Geschlechterrollen, die Befreiung der Sexualität – der Einbruch der Moderne in die psychologische Verfasstheit findet sich in der Figur des »Trottel« wieder, der willensschwach, dämonisch und barbarisch auftritt und zutiefst einsam bleibt.

Franz Jung hatte in Leipzig, Jena und Breslau Volkswirtschaft, Jura, Kunst und Theologie studiert und war 1911 nach München gezogen. Hier war er in engem Kontakt mit Erich Mühsam und der Münchener Bohème. 1913 zog er nach Berlin und gehörte dort zum Kreis der Künstler, aus denen die Dada-Bewegung entstand. Jung führte ein abenteuerliches Leben als Roman- und Theaterautor, Herumtreiber und revolutionärer Aktivist.

Mit dem Trottelbuch meldete sich Franz Jung erstmals zu Wort.

»Ein Charakter, wie man ihn heutzutage nur noch auf Leinwänden trifft«, beschreibt ihn Günter Kunert.

Buchinfos

Gebunden, 96 Seiten

Autor

Franz Jung

Franz Jung

Franz Jung, 1888 in Neiße, Oberschlesien, geboren. Börsenjournalist, Bohémien, Expressionist, Wirtschaftsanalytiker und revolutionärer Aktivist. Mitarbeiter der Aktion von Franz Pfemfert und des Malik-Verlags; Autor von expressionistischen und sozialkritischen Romanen und Erzählungen, schreibt für Piscator Theaterstücke. Mitinitiator der Dada-Bewegung, Teilnahme an den revolutionären Kämpfen nach 1918 und an der Entführung eines Schiffes nach Rußland. In der frühen Sowjetunion als Organisator der Hungerhilfe sowie im Wirtschaftssektor tätig. Nach 1933 von den Nazis verhaftet, illegale Tätigkeit in Genf, Wien und Budapest. 1944 Flucht nach Italien. 1947 Emigration in die USA, arbeitet in New York und San Francisco als Wirtschaftsjournalist. Ende der fünfziger Jahre Rückkehr nach Europa. 1961 erscheint erstmalig seine Autobiographie. Jung stirbt 1963 in Stuttgart.

Pressestimmen

»Die Katzenszene gibt den Ton vor: unkommentierte, unerklärte Gewalt, die den Leser ins Innerste trifft. Ihr Autor ist Franz Jung, zum Entstehungszeitpunkt 24 Jahre alt, Student in München und Anhänger des Künstler- und Literatenkreises der Schwabinger Boheme, später Mitbegründer der Berliner Dada-Bewegung und kommunistischer Aktivist. (…) Keine unterhaltsame Lektüre, aber, wie der expressionistische Dichterkollege Ernst Blass sagte: ›Unheimlich und menschlich.‹«
Frankfurter Allgemeine Zeitung

»Was die Liebe ist bzw. wie sie sein kann, erfährt man im Trottelbuch auf unnachahmliche Weise. Ein Geschlechterkampf, bei dem die Wunden oft sehr schnell verheilt sind.«
My Way

»Glücklicherweise kümmert sich die Edition Nautilus darum, das literarische Werk des eins enterbten Franz Jung am Leben zu halten, auf dass alle teilhaben können an diesen höchst lesenswerten Schriften. Die revolutionären, innovativen Impulse sind auch heutzutage von Belang. Nicht nur in literarischer, sondern auch in gesellschaftlicher Hinsicht, und so hat Franz Jung über die Jahre kaum etwas von seiner Kraft und Ausdrucksstärke verloren. Fazit: Das schmale Buch sollte man als Anlass und Einstieg in das Werk eines großen Autors nehmen, dessen literarisches Vermächtnis in der Edition Nautilus gehegt und gepflegt wird. Die Werkausgabe und die lesenswerte Biographie ›Das Verschwindens des Franz Jung‹ sind ein opulenter Schatz, den es zu entdecken oder zu bergen gilt.«
Brutstatt.de (Blog)

»Jungs Leben und Werk sind bestimmt davon, beharrlich von neuem zu beginnen, zu stürzen und aus dem Sturz neue Kraft zu gewinnen, ein beharrlicher ›Weg nach unten‹: vom gefeierten expressionistischen Autor zum verstörenden Revolutionär und schließich zum von der Literaturgeschichtsschreibung Vergessenen – und zum Glück immer wieder neu zu Entdeckenden.«
Jonas Engelmann, Jungle World

»›Das Trottelbuch‹, Jungs erstes Buch, erschien 1912. Lutz Schulenburg und Hanna Mittelstädt von der Edition Nautilus haben zum 50. Todestag eine schmucke Ausgabe des frühexpressionistischen Werks herausgebracht. Sexualisierte junge Frauen, durch Alkohol brutalisierte Typen in sadomasochistisch aufeinander bezogenen Abhängigkeitsverhältnissen gehen sich an die Gurgel, schlagen sich ins Gesicht und wissen nicht, ob aus Liebe oder Hass.«
Jürgen Holwein, Stuttgarter Nachrichten

»Franz Jungs zählt zu den schillerndsten Persönlichkeiten, die der linkskulturelle Aktivismus in Deutschland je hervorbrachte. (…) Doch zunächst veröffentlichte der mit Erich Mühsam, Oska Maria Graf oder Otto Gross bekannte junge Mann 1912 sein erstes literarisches Werk, ›Das Trottelbuch‹. Und das ist bis heute zu empfehlen.«
Andreas Fanizadeh, taz

»Ohne Zweifel war Franz Jung unter den deutschen Literaten zu Zeiten des Ersten Weltkrieges und in den zwanziger Jahren einer der besonders begabten, bis heute hin ist sein Werk unverbraucht, wo es über die Umbrüche dieser Epoche Auskunft gibt.«
Arno Klönne, WDR

»Jungs literarische Arbeit ist zentraler Bestandteil einer aktivistischen Suche nach dem Leben.«
Burkhardt Lindner, Frankfurter Rundschau

Franz Jung impressed me deeply. What a warm wise joyous man.
Henry Miller

»… zerfallende Identitäten, elementare Kaputtheiten, grenzenlose Wut aufs Gutbürgerliche, das sie alle nur allzu gut kannten. Seele, Sexualität, Liebe, Barbarentum, Futurismus: Stichworte, die in vielen Besprechungen auftauchen und die auf ihre Weise verdeutlichen, dass Jung Töne angeschlagen hat, die die Verhältnisse zum (literarischen) Tanzen bringen sollten.«
Walter Fähnders

Leseprobe

Um einen Tisch des Café du Dôme saßen mehrere Herren. Eine Frau schritt draußen am Fenster vorbei. Sie hatten sie alle gekannt, und einige kannten sie noch. Einer las vor: Zwei junge Burschen stolpern aus einer Vorstadtkneipe in die Nacht. Blutjunge Burschen und sehr betrunken. Sie schlagen das Pflaster mit ihren Stöcken, sie johlen, krümmen sich vor Lachen, und sie schleppen die schwer gewordenen Füße hinter sich her, dass sie von fern wie hinkende Greise erscheinen. Eine Katze huscht über den Weg.
Die Betrunkenen bleiben stehen, die Lässigkeit ist aus ihren Gliedern gewichen, ein Rausch ballt sich zusammen. Sie jagen dem Tier nach, verstellen den Weg, sie schlagen mit ihren Stöcken – als ob das Tier schuld wäre an ihrer Jugend und ihrer Betrunkenheit, so schlagen sie.

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