Frantz Fanon

Ein Porträt

Mit einem Vorwort von Lothar Baier
Aus dem Französichen übersetzt von Andreas Löhrer

Deutsche Erstausgabe
Gebunden mit Schutzumschlag, 352 Seiten

ISBN 978-3-89401-388-2

Erschienen 2002

»Ich höre noch heute Josies wütende Stimme, als sie ausgiebig die Szenen der Gewalt kommentierte, die sie gesehen oder von denen man ihr berichtet hatte. Auf ein neues, Frantz, ,Die Verdammten dieser Erde’!« Assia Djebar»Ich höre noch heute Josies wütende Stimme, als sie ausgiebig die Szenen der Gewalt kommentierte, die sie gesehen oder von denen man ihr berichtet hatte. Auf ein neues, Frantz, ,Die Verdammten dieser Erde’!« Assia Djebar

Frantz Fanon ist einer der hellsichtigsten Analytiker des Südens. Wie sein Zeitgenosse Che Guevara kam er als Arzt zu seiner revolutionären Laufbahn in einem fremden Land. Er gründete Afrikas erste psychiatrische Klinik und reiste als Sprecher der algerischen Befreiungsbewegung durch den schwarzen Kontinent. Sein Buch »Die Verdammten dieser Erde« wurde das »Kommunistische Manifest der antikolonialen Revolution« genannt. Sartre schrieb in seinem Vorwort 1962: »Europäer, schlagt dieses Buch auf, dringt in es ein! Habt den Mut, es zu lesen, weil es euch beschämen wird …«

Frantz Fanons Biographie beleuchtet die Gewalt von damals und heute, seine Reflexionen über Rassismus und Wahnsinn sind Prophezeiung und Wegweiser. Alice Cherki hat Fanon gut gekannt. Sie hat in Algerien und Tunesien neben ihm als Psychiaterin gearbeitet und war wie er während des Algerienkrieges in der Befreiungsbewegung engagiert. Sie zeigt auf, daß Fanon die individuellen und sozialen Auswirkungen der rassistischen Unterdrückung ebenso untersucht hat wie die Möglichkeiten, die Entfremdung zu überwinden. Fanons Voraussagen und Warnungen für die postkoloniale Zeit sind auf erschütternde Weise bestätigt worden, nicht nur in Algerien.
Fanon, der mit 36 Jahren an Leukämie starb, wurde zu einer Symbolfigur für die Dritte Welt.

Buchinfos

Deutsche Erstausgabe Gebunden mit Schutzumschlag, 352 Seiten

Autorin

Alice Cherki

Alice Cherki

Alice Cherki wurde in Algier geboren und stammt aus einer jüdischen Familie. Am Unabhängigkeitskampf hat sie aktiv teilgenommen. Sie arbeitet als Psychiaterin und Psychotherapeutin und ist Mitautorin zweier Bücher: Retour à Lacan? (Fayard, 1981) und Les Juifs d’Algérie (Éditions du Scribe, 1987).

Pressestimmen

»… Einfühlsam schildert (Alice Cherki) Fanons Lebensweg.«
Der Spiegel

»… Ein leidenschaftliches Plädoyer dafür, Frantz Fanon wieder zu lesen.«
Literaturen 

»… ein einfühlsames intellektuelles Porträt eines bescheidenen Mannes.«
Konrad Watrin, Neue Zürcher Zeitung 

Leseprobe

… ein Denken, das in Bewegung ist …

Fanon ist bekanntlich jung gestorben, und für diejenigen, die ihn kennengelernt haben, bleibt er jung in seinem Appell an das Gewissen und an die Leidenschaften des Kopfes und des Körpers. Und vielleicht ist es auch gerade das Überlegen und Losgehen, das Handeln und Denken, was nachfolgende Generationen, die heute Fanon lesen, entdecken, noch bevor sie überhaupt zum Inhalt seiner Äußerungen kommen. Sie fühlen vor allem die Aufforderung zur Bewegung. Fanon ist weder ein Ideologe noch ein politischer Theoretiker. Auffällig am ihm ist ein Denken, das in Bewegung ist.
Es gibt zwar keine Kolonien mehr, doch bleibt Fanons Beschreibung des Ausschlußverhältnisses zwischen zwei geteilten Welten, deren einzige Vermittlung Armee oder Polizei sind, deshalb außen vor? Ist die Frage nach einer Gewalt, die selbstbefreiend wäre, wirklich überholt und unzeitgemäß? Ist man in der Analyse der Gewalt in den zurückliegenden dreißig, vierzig Jahren einen Schritt weiter gekommen?
Gewalt hat sich ausgebreitet und verteilt, sie hat sich von den Kolonien in die großen Metropolen, oder genauer gesagt, in ihre Vorstädte verlagert. Sie erzeugt dort denselben Mechanismus, den bereits Fanon konstatierte, den zweier geteilter Welten, ohne Wahrheit, und die einzige Vermittlung sind die Ordnungskräfte.
Wie weit ist es heute mit der Gewalt? Sie wird verurteilt, und zwar umso mehr, als man in einer Gesellschaft lebt, die sie auf mehr oder weniger »softe« Weise auslöst, aber umso heftiger leugnet. Sie wird angeprangert, sie wird beklagt. Anderswo sind es »die Wilden«, doch bei uns, mitten in unserer friedlichen Gesellschaft, unserem sogenannten Rechtsstaat ist das unmöglich. Man weigert sich folglich, über die Gewalt nachzudenken. Sie sich gar als Ort vorzustellen, an dem das Leben sich weigert, dem Tod zu weichen, dem individuellen wie auch dem kollektiven Tod. Sie als Ablehnung einer Ordnung zu sehen, deren Gewalt sich nicht als solche äußert, sondern dadurch, daß sie es verhindert, mit anderen Subjekt seiner Geschichte, seiner Zeit, seines Schicksals zu werden. Sie als Ruf nach Veränderung zu erkennen.

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Vorwort

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