Grundwasserstrom

Aufzeichnungen
edition fünf (Band 15)

Mit einem Nachwort von Kirsten Gleinig

Neuausgabe
Ganzleinenband, fadengeheftet, mit Prägung,
Geschenkbanderole und Lesebändchen, 320 Seiten

ISBN 978-3-942374-25-5
ISBN epub 978-3-94237-462-0
Erschienen August 2012

19,90 

Weise, klug und schön – das poetische Vermächtnis einer großen Autorin

Dem »Grundwasserstrom« folgend lässt uns Erika Burkart mit ihren Aufzeichnungen teilhaben an ihrer poetischen Welt, der Quintessenz ihres Schreibens und Denkens, erinnert sich an die Kriegsjahre, an Freunde, den Todestag der Mutter. Und immer wieder steht die Natur im Blickfeld, die existentieller Mittelpunkt ihres Erlebens und ihrer Reflexion war: wie in allen Werken der großen Schweizer Dichterin fallen auch hier Naturbetrachtung und Poetik ineinander.

2000 im Ammann Verlag erschienen, war es längst zu einer antiquarischen Rarität geworden. Mal sind ihre Notate eine Zeile lang, mal umfassen sie mehrere Seiten, immer aber dokumentieren sie die geistig-seelische Vita einer nachdenklichen, klugen, ja weisen Autorin. Das dichte Netz aus kostbaren Weisheiten fügt sich zu einer willkommenen Begleitung in allen Fragen des Lebens und der Kunst – kein Buch, das man von vorne bis hinten durchliest, sondern eines, dass man immer wieder zur Hand nimmt, um darin zu blättern.

Buchinfos

Neuausgabe Ganzleinenband, fadengeheftet, mit Prägung, Geschenkbanderole und Lesebändchen, 320 Seiten

Autorin

Erika Burkart © Ernst Halter

Erika Burkart © Ernst Halter

Erika Burkart, (1922-2010), schrieb Prosastücke, Romane und vor allem Lyrik. Sie lebte mit ihrem Mann Ernst Halter in einem alten Äbtehaus in Aargau, das mitsamt seinem »Gartenparadies« eine wichtige Rolle in ihrem Werk spielt. Die Schweizerin gilt als eine bedeutendsten Lyrikerinnen im deutschsprachigen Raum. Ihre letzten Gedichte sind bei Weissbooks neu erschienen.

Pressestimmen

»›Grundwasserstrom‹ ist das verschwiegenste, verhaltenste unter den Büchern von Erika Burkart, das strengste, und, paradoxerweise, zugleich ein anmutig unangestrengtes.«
Elsbeth Pulver, NZZ

Leseprobe

Was wir äußern in Briefen, Gesprächen ist meist nicht mehr als die Spitze des Eisbergs. Unter Wasser zieht, was uns umtreibt. In der Schrift wird das aus der Gedankenpuppe befreite Wort selbständig, der Falter setzt sich ab, hebt sich weg. Der Preis der Freiheit ist Ausgesetztheit. Beim Freischälen von Erinnerungen stoße ich in Dunkelkammern auf Negative, die zu entwickeln ich das schriftliche Wort benötige. Im Prozedere der Niederschrift präzisieren sich die Bilder. Falls Vergessen und Verschweigen natürliche, nicht durch Krankheit bewirkte Vorgänge sind, haben Vergessenes und Verschwiegenes ihre eigene Dichte und teil an der Fülle der Existenz.

Wenn man zwei Spiegel einander zukehrt, entsteht eine unendliche Reihe, ein grenzenloser Raum. Jeder Spiegel wirft mit dem Abbild seines Gegenübers auch sein eigenes, von diesem gerahmtes Spiegelbild zurück«: obiges Phänomen erfuhr ich früh, stand ich im Elternschlafzimmer zwischen Waschtischkommode und Spiegelschrank, betroffen über die vielen, in unabsehbaren Räumen gnomenhaft sowohl präsenten wie absenten Ferngestalten meiner selbst, die winkten, wenn ich winkte. (…) Allein zwischen den elterlichen Spiegeln stehend, muß das kleine Mädchen, vielleicht zum erstenmal schmerzlich bewußt, empfunden haben, dass jeder Ort, auch der heimatlichste, zu einem Unort, einer Dunkelstelle, einer Zelle des Ungeheuerlichen werden kann.

Drösle ich nachts mein Lebensgarn auf, weil ich nicht schlafen kann, oder kann ich nicht schlafen, weil die Überprüfung der einzelnen Fäden und Fasern (Abschnitte, Knoten, Risse) nicht zu umgeben ist, soll der dunkle Rest des Knäuels sich nicht verwirren. – Der Kern, um den das Garn gewunden war, wird erst sichtbar, wenn dieses bis auf ein Netz abgewickelt ist.

Der Schluß eines Textes sei kein Riegel, sondern eine lautlos geschlossene, nicht verschlossene Tür.