Mirandão ist eine Favela in Rio de Janeiro. Hier herrschen das organisierte Verbrechen, Drogenhandel und Aussichtslosigkeit. In den Augen einer Gruppe linksradikaler Studenten der ideale Nährboden für eine soziale Revolution im Sinne Che Guevaras. Der »Conexão Revolucionária« gelingt es tatsächlich, ihre theoretischen Debatten in die Praxis umzusetzen. Auf Vermittlung eines engagierten Geistlichen entsteht ein gewagtes Zweckbündnis zwischen dem Drogenboss des »Morro« und der »Conexão Revolucionária«. Was diese mit allerlei theoretischen Verrenkungen als den Beginn einer revolutionären Bewegung versteht, ist für »Marra«, den Drogenboss, schlicht eine Möglichkeit, seine Macht auszubauen. Den Pistoleros der Drogengang ist es einerlei, ob sie nun Teil der revolutionären Streitkräfte sind und statt Schutzgeldern nun Revolutionssteuern erheben, die zu einem Teil in die Infrastruktur der Favela investiert werden.
Doch in einem Punkt gehen die Revolutionäre entschieden zu weit: Im Viertel herrscht plötzlich Ruhe. Die Verbrechensrate tendiert gegen Null, und die Polizei gerät in erheblichen Erklärungsnotstand. Der zuständige Polizeiboss schmiedet seinerseits ein Kartell, um die gewohnte Un-Ordnung wieder herzustellen.
Mittendrin ein Journalist, der von all dem höchstens die Hälfte versteht. Eine liebevoll ironische Karikatur der Zunft, der der Autor selbst angehört.
Eine scharfsinnige und daher notwendigerweise auch ironische Betrachtung der politischen und gesellschaftlichen Situation in Brasilien.
Krieg in Mirandão
Krimi aus Rio
Aus dem Portugiesischen Übersetzt von Michael Kegler
Deutsche Erstausgabe
Broschur, 192 Seiten
ISBN 978-3-89401-495-7
Erschienen August 2006
13,90 €
Lieferzeit: Büchersendung (ca. 5 Werktage per Post)
Buchinfos | Deutsche Erstausgabe Broschur, 192 Seiten |
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Autor
Fernando Molica, geboren 1961 in Rio de Janeiro, arbeitete als Journalist für Folha de São Paulo, O Estado de São Paulo und O Globo. Seit 1996 ist er Reporter für TV Globo. Noticias do Mirandão erschien 2002 in Rio de Janeiro.
Pressestimmen
»Eine der hochwertigsten Neuerscheinungen … 2006«
krimi-couch.de
»Bietet … vielschichtige Einblicke in das Leben in einer der größten und schillerndsten Metropolen Südamerikas.«
Literatur-Couch
»Ein Krimi …, der Einblick in den Kreislauf aus Armut, Drogen und Kriminalität bietet.«
ekz-Informationsdienst
»… Ein packendes Szenario …«
Telepolis
»… eigentlich nicht nur ein Krimi, sondern eine Reportage ….«
KunstundBücher.de
»… ein spannender Einblick in die Strukturen der brasilianischen Favelas.«
Lateinamerika Nachrichten
»Ein spannender Krimi, der Grenzen auslotet zwischen Moral und Korruption ….«
Raphaela Kula, analyse und kritik
»Brisant ist das Thema allemal – nicht nur in Brasilien.«
Gundel Jacobi, Interkultur Stuttgart
Leseprobe
Sonntag. Fußball? Gutes Essen? Strand? Grillabend? Nein, Sonntag ist Bereitschaft. Schlimmer noch, Frühdienst. Vom Wecker aus dem Schlaf gerissen werden, um acht Uhr in der Redaktion sein. Gibt es Schlimmeres? Sicher, selbst Botafogo hat schon schlechter gespielt – Cremílson und Puruca, herrjemine. Es gab schon Zeiten, da hatte er, je nach Terminkalender, sogar am heiligen Sonntag im Anzug und Schlips in der Redaktion erscheinen müssen – verkleidet wie ein Mormone, am liebsten hätte ich mir eine Bibel unter den Arm geklemmt, dann hätte sich wenigstens niemand über meinen Aufzug gewundert. Also Kopf hoch, Mann. Immerhin hast du keinen Dreiteiler an. Freue dich, nicht weil dir Gutes geschieht, immerhin aber das kleinere Übel.
Der Tag lässt sich ruhig an und deprimierend. Auf dem Terminkalender nur eine Eröffnung. Um 10 Uhr: Mitanambu, ein neues Projekt im Mirandão, einer Favela irgendwo in der Gegend von Leopoldina. Wichtig. Der Termin kam von ganz oben aus der Redaktionsleitung. Zeichen der Zeit, denkt Fontoura. Früher hatte man ihn von ganz oben immer zu Unternehmerverbänden geschickt oder zu Terminen bei der Erzdiözese: Amtseinführung am Sitz des Industrieverbandes oder der Einzelhändlervereinigung, Prozessionen, die Messe zu Ehren des Heiligen Franziskus von Paula, dem Schutzheiligen der Zeitungsverkäufer – mit denen musste man sich schließlich gut stellen, denn sie verkaufen unsere Zeitung. Jetzt also bekommt schon die Einweihung eines Sozialzentrums in einer Favela den Segen eines nicht zu versäumenden Pressetermins. Es geht doch nichts über die Angst vor Entführung oder davor, überfallen zu werden. Also haben inzwischen auch diese Typen kapiert, dass es arme Leute gibt in Rio. Dekadenz kennt keine Grenzen: Mein Sonntag beginnt also damit, dass man mich von ganz oben in die Favela schickt. Nur ein winziger Schritt ist es von dort noch bis zum Makabren.
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