Wir trauern um Daniel Spoerri

In den Verlagsräumen: Lutz Schulenburg, Daniel Spoerri (Foto von Klaus Voß)

Wir trauern um Daniel Spoerri (geboren 1930), den großen rumänisch-schweizerischen Tänzer, Künstler, Lebenskünstler, Begründer der Eat Art – und nicht zuletzt Autor dreier Bücher bei Nautilus. Seine Objektkunst aus Essensresten, Geschirr und Besteck machte ihn weltweit bekannt, er notierte aber auch Rezepte, z.B. im Gastronomischen Tagebuch, versehen mit reichlich Anekdoten und Fußnoten. Überhaupt Fußnoten: aus einer Inventur aller Gegenstände, die sich einmal (1961) zufällig auf seinem Schreibtisch fanden, machte er zunächst einen schmalen Katalog seiner ersten Einzelausstellung und dann, nach vielen zum Teil illustrierten Fußnoten von seinen Künstlerfreunden Robert Filliou, Emmett Williams, Dieter Roth und Roland Topor, bald eines der meistverbreiteten Künstlerbücher, die Anekdoten zu einer Topographie des Zufalls. Beide Bücher haben wir bei Edition Nautilus in einer vom Künstler handsignierten, vom Hersteller Klaus Voß handgestempelt nummerierten und vom Verleger Lutz Schulenburg persönlich zusammengelegten Luxusausgabe mit Tischdecke veröffentlicht – zum Fortsetzen der eigenen Kunst und Mahlzeiten auf einem Stoffprint eines echten Spoerri. Wenn wir uns das nächste mal an einen so gedeckten Tisch setzen, werden wir auf ihn anstoßen. Wie unser früherer Kollege Andreas Schäfler in seinem Nachruf in der taz zitierte, fand Spoerri: »Das Beste an mir sind meine Freunde.« Als seine Freunde können wir uns nicht ohne Hochstapelei bezeichnen, als seine Wegbegleiter, ein kleines Stück lang, vielleicht schon. Nun ist Daniel Spoerri mit 94 Jahren in Wien gestorben. Wir sind sehr traurig.

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