Califa oder Die Liebe zu einer Starkstromtechnikerin

Roman

Mit einem Vorwort von Jo Hauberg und einem Nachwort von Willi Winkler

Originalveröffentlichung

Gebunden, 344 Seiten

Erschienen März 2024

24,00 

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Neu aufgetauchtes Manuskript aus dem Jahr 1955 – ein erstaunlicher Roman im Grenzbereich zwischen Satire, Science Fiction und Politthriller von Exilautor Justin Steinfeld (1886–1970)

Alles dreht sich um Califa, oder kurz: CLF. Die Militärführung in Nomandy, auf der anderen Seite des Ozeans, hat Zugriff auf das neue atomwaffenfähige Element – aber was ist mit Cistransatia, dem Gegner im Osten? In der aufgeheizten Stimmung eines geteilten Kontinents, auf dem sich die Weltmächte an den Zonengrenzen des seit dem Krieg besetzten Potatis nahekommen, scheint jede Entscheidung unkalkulierbare Konsequenzen zu haben. Die Börse in der Seestraße wird überraschend geschlossen, um auch die Währung an Califa zu koppeln, ein unruhevoller Abgeordneter wittert den Krieg und wird zum Problem, cistransatische Wissenschaftler entwickeln einen Gas-Abwehrschirm und leiten die Evakuierung in die unterirdische Hestermannstadt ein. Denn am Besprechungstisch im Politbüro muss dem »Alten« gebeichtet werden, dass in Cistransatia kein CLF vorhanden ist – doch das weiß in Nomandy niemand…

Erstmals erscheint nun dieser Roman, den Justin Steinfeld 1955 in England verfasste, sich aber nie um eine Veröffentlichung bemühte. Das Manuskript geriet in Vergessenheit und wurde erst jetzt wiedergefunden. In Zeiten eines Kriegs in Europa und der erneuten Rede von atomarer Bedrohung liest sich Califa bedenklich aktuell und, in der Verbindung aus sozialistischem Realismus und Satire, Science Fiction und alternativer Geschichte, auch überraschend modern. Steinfelds Fazit bestätigt sich: Solange es Nationen und damit Nationalismus gibt, wird es Krieg geben.

Buchinfos

Gebunden, 344 Seiten

Autor

Justin Steinfeld © Sammlung Weinke

Justin Steinfeld, geboren 1886 in Kiel, seit 1892 aufgewachsen in Hamburg, gestorben 1970 in Baldock, England. Nach einer kaufmännischen Ausbildung wechselte er zum Journalismus und Theater und war in den 1920er Jahren Zeitschriftenherausgeber, Theaterkritiker, Dramaturg und Mitgründer des »Kollektivs Hamburger Schauspieler«. Er war Mitglied der Deutsch-Israelitischen Gemeinde in Hamburg und stand der KPD nahe. 1933 war Steinfeld kurzzeitig im Konzentrationslager Fuhlsbüttel interniert; im selben Jahr gelang ihm die Flucht nach Prag. Dort schrieb Steinfeld für diverse Organe der deutschen Exilpresse. Nach dem Münchner Abkommen floh er 1939 mit seiner Frau und deren Sohn über Polen nach Großbritannien, wo er bis zu seinem Tod lebte. Sein – bisher als der einzige geltende – Roman Ein Mann liest Zeitung (Neuer Malik Verlag 1984, Neuausgabe Schöffling 2020) schildert die Schicksale deutscher Emigranten im Prag der 1930er Jahre und ist ein bedeutendes Dokument der deutschsprachigen Exilliteratur.

Leseprobe

Leseprobe »Califa« (PDF)

»Vielleicht«, fuhr der Minister fort, »befinden wir uns in einer Woche schon in einer völlig veränderten Lage. Ich meine, äh, im Krieg. Der neue Mann, äh…«
»Wird es gegebenenfalls verantworten.«
»Verantworten. ja. Wem ist er verantwortlich? Hier niemandem. Gehts schief, so gehts schief für die Anderen. Wir Verantwortlichen kriegen einen anderen Posten und den nächstbesten Orden. Bliebe der liebe Gott. Lassen wir das. Es kommt also darauf an, von wo das Signal gegeben werden wird. Von hier oder von der anderen Seite des Ozeans. Vielleicht wird, äh, gar kein Signal gegeben werden. Zum Beispiel in Ihrem besonderen Falle, Herr Oberst. Vielleicht, äh, werden wir in einer Woche im Kriege sein, ohne dass die Nation, ich meine unsere Nation, davon etwas erfährt.«
»Sie meinen den Krieg gegen Cistransatia.«
»Eben den.«
»Mit der Atombombe Ur.«
»Nein. Mit der Atombombe Clf.«
»Was will dieser Mann«, dachte der Oberst, »wovon redet er? Blufft er? Wen und wozu? Soll ich ihn verhaften lassen?« Er blickte unverändert, starr, vor sich hin.
»Jetzt bin ich in meinem Rayon«, fuhr der Minister ruhig fort, der die heftige Anspannung beim Oberst wohl bemerkte. »Sie wissen sicherlich, dass eines meiner Hauptprobleme das sogenannte Währungsproblem ist. Das Problem ist, dass es gar keine Währung gibt, was alle Welt weiß, dass aber die ganze Welt so tut, also ob es eine gäbe. Nämlich die Goldwährung. Lachhaft, aber es ist so. Haben Sie ein goldenes Cigarettenetui? Ich habe eins.« Er zog es aus der Westentasche, hielt es mit Daumen und Zeigefinder. »Wollen Sie damit den Krieg finanzieren? Ich nicht. Den Krieg nicht. Und den Frieden auch nicht. Mit Cigarettenetuis. Aber lassen wir das. Nun, unsere Freunde in Nomandy, unsere sogenannten Freunde von der anderen Seite des Ozeans, haben zwar das Gold, aber sie wissen, dass es nichts wert ist. Und da wollen Sie also gegebenenfalls die Währung umschalten, damit es doch wieder eine Währung sei.«
»Ja. Ich hörte davon.« Der Oberst hatte sich wieder beruhigt, und meinte etwas Freundliches bemerken zu sollen. »Ich verstehe garnichts davon. Ehrlich gesagt, gar nichts. Währungsgrundlage Ur. Weil das die Herren, sagten Sie, von der anderen Seite des Ozeans allein haben. Soviel verstehe ich am Ende doch. Ur. Inbegriff der Kraft.«
»Zunächst immer noch und nach all den Jahren, der Zerstörung. Leider. Kein Vorwurf, bitte sehr, aber, und darum bin ich hier, ich weiß, äh, ich habe erfahren, äh, bitte fragen Sie mich nicht wie, es stimmt, ich stehe Ihnen dafür, also wenn da eine Umstellung kommt, mein Gott, warum nicht, Humbug, so oder so, also dann wird die Währungsgrundlage nicht Ur sondern Clf.«
»Das heißt…«
»Für Sie, dass die Atombombe Ur überholt ist. Ramsch, für den Altwarenhandel. Das Ding heißt jetzt Atombombe Clf. Ja. So ist das. Clf.«
»Aber um Himmelswillen, was ist das, Clf?«
»Wenn ich das wüsste, Oberst Grady, bei Gott, an den ich nicht glaube, nicht sehr, aber einerlei, Sie würden es erfahren, gleich und sofort. Aber ich weiß es nicht. Clf. Ich habe keine Ahnung. Clf.«
»Und wissen Sie vielleicht, wie sich Clf zu Ur verhält? Ich meine, soweit es mein Departement angeht?«
»Keine Ahnung. Zehnfach. Hundertfach, Tausendfach. Keine Idee.«
»Wir haben die Ur.«
»Haben Sie die?«
»Meine Arbeit hier geht von der Voraussetzung aus, dass wir sie haben.«

Pressestimmen

Pressestimmen zu Ein Mann liest Zeitung:

»Das Buch ist packend, beunruhigend, verstörend, es fesselt Kopf und Herz. Es ist ein großartiges Buch.« Heribert Prantl, »Prantls Blick«, Süddeutsche Zeitung

»Lesen müssten Ein Mann liest Zeitung diejenigen, die sich immer mit der Gewalt arrangiert haben und sich nicht vorstellen können, daß auch sie einmal ein Asyl brauchen könnten. Sie werden es nicht lesen. Dann also wenigstens die, die Erinnerung wollen.« Walter Boehlich, DER SPIEGEL

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