Der Todestrieb

Autobiographie eines Staatsfeindes

Aus dem Französischen übersetzt von Pierre Gallissaires & Angela Schmidt

Neuauflage
Broschur, 392 Seiten

Erschienen Februar 2007

978-3-89401-390-5

20,00 

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Bis zu seinem Tod 1979 Staatsfeind Nummer eins in Frankreich und Kanada, Algerienkämpfer, Einbrecher und Bankräuber – Mesrine avancierte vom kleinen Gangster aus dem Pariser Milieu zum meistgesuchten Killer. Ihm gelangen drei spektakuläre Ausbruchsversuche, bevor ihn Spezialeinheiten der Pariser Polizei schließlich in seinem Wagen erschossen.

Jacques Mesrine schrieb seine Autobiographie im Hochsicherheitstrakt eines Pariser Gefängnisses. Nach seinen Kriegserfahrungen in Algerien und erfolglosen Versuchen, einer geregelten Arbeit nachzugehen, bricht Mesrine mit allen Konventionen des bürgerlichen Lebens und sagt der Gesellschaft den Kampf an. Die »Risiken eines Lebens am Rande der Gesellschaft« nimmt Mesrine mit konsequenter Entschlossenheit auf sich, er zeigt weder Reue noch Selbstmitleid.
Als »Superstar« und »Ausbrecherkönig« hatte er breite Sympathien auf seiner Seite, darüber hinaus wurde er einer der – im wahrsten Sinne des Wortes – radikalsten Gegner der Hochsicherheitstrakte.

2. November 1979: Haben die Scharfschützen nach Vorwarnungen geschossen?

»Hätte Mesrine sich lebend ergeben können? Secrets d’actualité, eine Reportagereihe des französischen Kanals M6, erhebt diese Frage noch einmal und stellt verschiedene Versionen der Umstände der historischen Verhaftung einander gegenüber.
Am 2. März 1979, im Alter von 43 Jahren, sitzt Mesrine am Steuer seines BMW an der Porte de Clignancourt. Ein Lieferwagen mit Zivilpolizisten überholt ihn an einer Kreuzung und hält vor ihm an. Zwanzig Kugeln töten den Staatsfeind Nummer 1. Der Präsident der Republik beglückwünscht sich selbst und dankt der Polizei für dies Ergebnis. Zu lange hatte Mesrine die französischen Autoritäten herausgefordert. Der Ausgang war vorherzusehen, sogar Mesrine selbst hatte sich sein Ende so vorgestellt.
Trotzdem bleiben, 23 Jahre nach den Ereignissen, zwei widersprüchliche Versionen bestehen. Einerseits behauptet Kommissar Broussard (Zentralabteilung für die Niederschlagung des Banditenunwesens), die Schützen hätten Mesrine gewarnt, sie würden schießen, und hätten in legitimer Notwehr gehandelt. Andererseits erklärt Kommissar Pellegrini zum ersten Mal, es habe keine Vorwarnungen gegeben, weil die Polizei kein Risiko eingehen durfte. Beide Männer waren damals vor Ort, aber man weiß noch immer nicht, wer die Wahrheit sagt.«
TV Magazine, Paris, Fernseh-Beilage der Zeitung Ouest France, 14.5.02

Buchinfos

Neuauflage Broschur, 392 Seiten

Autor

Jacques Mesrine

Jacques Mesrine, 1936–1979, schrieb seine Autobiographie 1977 im Hochsicherheitstrakt eines Pariser Gefängnisses. Nach seinen Kriegserfahrungen in Algerien und erfolglosen Versuchen, einer geregelten Arbeit nachzugehen, bricht Mesrine mit allen Konventionen des bürgerlichen Lebens und sagt der Gesellschaft den Kampf an. Die »Risiken eines Lebens am Rande der Gesellschaft« nimmt Mesrine mit konsequenter Entschlossenheit auf sich, er zeigt weder Reue noch Selbstmitleid. Als »Superstar« und »Ausbrecherkönig« hatte er breite Sympathien auf seiner Seite, darüber hinaus wurde er einer der – im wahrsten Sinne des Wortes – radikalsten Gegner der Hochsicherheitstrakte.

»Mesrine erinnert an Michael Kohlhaas, der – um der Beschränktheit und Mittelmäßigkeit seiner Umgebung auszuweichen – sich neue Gesetze gab, nach denen er bis zur letzten Konsequenz lebt. (…) Dem Leser bleibt eine bittere Hochachtung vor der Geradlinigkeit und Angstfreiheit dieses Mannes, die – als Symbol genommen – jeder von uns braucht.« die tageszeitung

Pressestimmen

»›Er hat das Image eines guten Banditen, eines Robin Hood‹, erkannte sein Anwalt Jean-Louis Pelletier. 39 schwere Verbrechen hatte Mesrine gestanden: Kidnapping, Raubüberfälle, Mord. Und dennoch: Wie kaum ein Krimineller vor ihm in Frankreich verstand er zumindest die Sympathien jener Franzosen zu wecken, die sich unbändig freuen, wenn jemand Frankreichs Polizei überlistet. Für sie wurde er zu einer Art ›Superstar‹, für Polizei und Regierung zum Staatsfeind Nr. 1. […] Der kriminalistische Alleinunterhalter der Nation selbst entkam auch aus den vermeintlich sichersten Gefängnissen – zuletzt 1978. Jetzt faßte ihn die Polizei: Bei einem Feuergefecht wurde er vergangenen Freitag in seinem BMW erschossen – zwei Handgranaten und seine Freundin, die schwer verletzt wurde, neben sich.«
Der Spiegel

Nach brutaler Gangster-Art tötete ein Polizei-Sonderkommando am vergangenen Wochenende Frankreichs gefährlichsten Verbrecher: Jacques Mesrine […] Er hatte mit seiner 29-jährigen Freundin Sylvie Jeanjaquot ins Wochenende starten wollen. Statt dessen fuhr er einer Truppe von insgesamt 50 Polizisten in die Falle, die ihn seit Tagen beobachtet hatte.
Sie waren nicht gekommen, um ihn festzunehmen. Sie ahnten, sie würden ihn nicht lebend bekommen. Auf dem Boden im BMW lagen griffbereit zwei Handgranaten.
›Wir konnten‹, so Kommissar Maurice Bouvier, ›nicht warten, bis er sie gegen uns einsetzte.‹ So knallten sie ihn ab, getreu dem Motto, das Mesrine selbst für das letzte Gefecht verkündet hatte: »Wer zuerst schießt, der siegt.«
Stern

»Mesrine erinnert an Michael Kohlhaas, der – um der Beschränktheit und Mittelmäßigkeit seiner Umgebung auszuweichen – sich neue Gesetze gab, nach denen er bis zur letzten Konsequenz lebt. […] Dem Leser bleibt eine bittere Hochachtung vor der Konsequenz, Geradlinigkeit und Angstfreiheit dieses Mannes, die – als Symbol genommen – jeder von uns braucht.«
die tageszeitung

»Mesrine steht zu allem, was er getan hat. Der Todestrieb wird in all den Jahren seiner kriminellen Karriere zum ständigen Begleiter. Die Ehrlichkeit, mit der er seine tiefsten, grausamsten und animalischsten Mordinstinkte, oft sehr präzise, beschreibt, ruft beim Leser empörte Betroffenheit hervor.«
Psychologie heute

»Im literarischen Bereich wurde Mesrine dadurch bekannt, daß eigens für dieses Buch ein Gesetz erlassen wurde, die loi Mesrine: Wer über seine Verbrechen Bücher schreibt oder sonst irgendwie damit an die Öffentlichkeit tritt, darf daran keinen Gewinn haben. […] Im übrigen sind diese Selbstbetrachtungen des ehemaligen ,Staatsfeindes Nr. 1 von Frankreich und Kanada’ eigenartig fesselnd …«
Dokument und Analyse

Leseprobe

Sie sprachen von Mördern, also will ich Ihnen mal was sagen: moralisch ermordet die Gesellschaft jene Menschen, die in den Hochsicherheitstrakts eingesperrt sind. Was man nicht will, dass einem selbst angetan wird, soll man auch keinem anderen zufügen. Die Gesellschaft ermordet die Gefangenen, sie ermordet sie Tag für Tag und Nacht für Nacht. Die Hochsicherheitstrakts sind legalisierter Mord. Also hätte ich nur mit einem Mord auf den moralischen Mord dieser Leute geantwortet. Verlangen Sie nicht von einem Menschen, vernünftig zu sein, wenn gerade Justiz und Regierung es nicht sind. Einen Menschen töten … Aber was ist denn ein Richter? Er ist nur eine Figur im Schachspiel. Millionen von Menschen sterben, und man macht nicht so viel Aufhebens darüber.

… Verstehen Sie, den Hass habe ich in den Hochsicherheitstrakts gelernt … Doch Petit hinzurichten, das war keine bloße Rache: Ich wollte einen furchtbaren Schock bewirken … Das Schicksal hat es gewollt, dass ich diesen Irrtum nicht beging. Denn ich weiß recht gut, auf politischer Ebene wäre das ein Irrtum gewesen, da die Regierung es dazu ausgenutzt hätte, die Polizei aufzurüsten und meine Aktion in den Rahmen eines Terrorismus einzuzwängen, dessen Wirkung das Ziel zerstört, das ich mir gesetzt hatte.
Jetzt weiß ich, dass ich handeln muss, ohne diese Art Gewalt zu benutzen.
Aber verstehen Sie doch … In bestimmten Fällen, wenn der Hass alles in einem Menschen übersteigt, dann können Handlungen ihn über das hinausführen, was er wirklich tun will. Ich persönlich will, dass man das Problem der Hochsicherheitstrakts begreift. Vielleicht werde ich noch weitere Irrtümer begehen, die Hauptsache ist aber, dass man darüber spricht. Ich bin nicht politisch geschult. Ich bin als Kämpfer ausgebildet worden. Vergessen Sie nicht, mir ist der Kampf bei den Kommandos gelehrt worden, und dort achtet man nicht auf das menschliche Leben. Es ist zwar schön, mir mit dem menschlichen Leben zu kommen, aber als ich in Algerien kämpfte, hatte das menschliche Leben nicht dieselbe Bedeutung.

Und zu dieser Zeit war ich erst 20. Jetzt sagen alle: das menschliche Leben … das menschliche Leben usw. usw. Schön! Aber für mich ist das Leben eines Richters nicht mehr wert als das eines Häftlings. Häftlinge, die moralisch vernichtet werden. Man hat einen Hass in mir erzeugt, den ich vorher nicht empfand – und mit diesem Hass bin ich zu Petit gegangen.