Ein Haus mit vielen Zimmern

Autorinnen erzählen vom Schreiben
Erzählungen, Essays und Gedichte

Herausgegeben von Sophia Jungmann
und Karen Nölle

Originalveröffentlichung
gebunden, 232 Seiten

Erschienen August 2015

19,90 

Große Autorinnen in einem noch nie gehörten Stimmenmix!

Ich schreibe, also bin ich Schriftstellerin:
Wenn es so einfach wäre, gäbe es die Geschichten in dieser Sammlung nicht. Ist Dichten das große Glück, ein großer Kraftakt – oder beides? Wie entstehen Ideen, aus welchen Situationen und Begegnungen schöpfen Autorinnen ihre Inspiration? Wie finden sie ihre Form? Und wie ergeht es Schriftstellerinnen im Literaturbetrieb?

In den Erzählungen, Essays und Gedichten dieses Bandes lassen sich die Autorinnen beim Schreiben über die Schulter gucken. Sie entwerfen Geschichten zu dem Thema, beschreiben die Beziehung zu ihren Figuren, besingen ihre Arbeit mit der Sprache, denken über die Wirkung von Worten und Geschichten nach und plaudern aus der Werkstatt der Büchermacherin. Sie äußern sich über den Beruf, mit dem sie sich ihren Lebensunterhalt und bisweilen auch Ruhm verdienen, und über die Hürden, die zu überwinden sind, wenn sie sich als Frauen, die schreiben, treu bleiben wollen. Humorvoll, selbstkritisch und geistreich und immer unterhaltsam gewähren sie Einblicke in die Arbeit von Autorinnen und das Verhältnis von Schreiben und Leben.

»Ich kenne nichts auf der Welt, das eine solche Macht hat wie das Wort.«
Emily Dickinson

Buchinfos

Gebunden, 232 Seiten

zu den Autorinnen

Mit Beiträgen von:

Margaret Atwood // Tania Blixen // Janet Frame // Nora Gomringer // Tove Jansson // Annette Pehnt // Sylvia Plath // Judith Schalansky // Anna Seghers // Ali Smith // Antje Rávic Strubel // Virginia Woolf u. a.

Leseprobe

Sobald ich meine Feder in die Hand nahm, schlüpfte der Engel im Haus hinter mich und flüsterte: »Meine Liebe, du bist eine junge Frau. Du willst über ein Buch schreiben, das von einem Mann geschrieben ist. Sei verständnisvoll; sei zart; schmeichle; täusche; nutze alle Waffen unseres Geschlechts. Lass niemanden darauf kommen, dass du einen eigenen Verstand besitzt. Vor allem aber, sei rein.«

Und sie machte Anstalten, meine Feder zu führen. […] Ich stürzte mich auf sie und packte sie bei der Kehle. Ich bemühte mich nach Kräften, sie zu töten. Meine Rechtfertigung, wenn man mich vor Gericht stellte, wäre, dass es in Notwehr geschah. Wenn ich sie nicht umgebracht hätte, hätte sie mich umgebracht. Sie hätte meinem Schreiben das Herz entrissen. […]

Doch um mit meiner Geschichte fortzufahren: Der Engel war tot; was blieb dann? Sie mögen meinen, das, was blieb, sei etwas ganz Einfaches und Gewöhnliches – eine junge Frau in einem Zimmer mit einem Tintenfass. Und nun da sie sich der Falschheit entledigt hatte, musste diese junge Frau nur sie selbst sein. Ah, aber was ist »sie selbst«? Ich meine: Was ist eine Frau? Ich versichere Ihnen, ich weiß es nicht. Ich glaube nicht, dass Sie es wissen …

Virginia Woolf, »Berufe für Frauen« Erzählungen, Gedichte und Essays rund um das Thema Schreiben