»Meinen ersten literarischen Arbeiten lag die Frage nach dem Ablauf der menschlichen Beziehungen, der inneren Beziehungen der einzelnen Menschen miteinander und untereinander zugrunde. Das Warum der Konflikte, der übergroßen Schwierigkeiten, die sich einem freudesteigernden Ausgleich der Individualitäten entgegenstellen, habe ich mehrfach abgewandelt. Das war kurz vor dem Kriege und noch einige Jahre mittendrin. Diese Bücher, zumeist im Verlag ›Die Aktion‹ erschienen, sind heute vergessen. Eine Zeitlang, im letzten Jahre der Vorbereitung zur Revolution und in den ersten beiden Jahren der Revolution selbst, hatte ich für irgendwelche literarische Tätigkeit kaum Interesse. Ich war bemüht, Idee und Wirkung zu disziplinieren und aus der tatsächlich gegebenen Umwelt einen Inhalt für mich zu gewinnen, der allmählich erst Grundlage und schließlich auch Wurzel geworden ist. Dann habe ich in mehrfachen Unterbrechungen unfreiwilliger Ruhe, zwischen den bekannten etwas engen Wänden, die allzu weitschweifige Verdrängungen niederzuhalten geeignet sind, wieder eine Reihe Bücher geschrieben, Begleiterscheinungen zur politischen Entwicklung draußen, gedacht, als Mittel in einem für den aufklärenden oder rein berichtenden Zweck angepassten literarischen Rahmen benutzt zu werden. Die Ereignisse aber gingen schneller. Die Arbeiten gerieten in den Strudel der Fraktionskämpfe und Parteiauseinandersetzungen. Sie gewannen nur geringe Beachtung und endeten auf dem Bücherwagen, von dem sich erfahrungsgemäß mancher ganz annehmbare Bücher billig kaufen kann. (Sie sind zumeist im Malik-Verlag erschienen.) Dieser Zeit folgten einige Jahre praktischer, wieder jeder Literatur abgewandter Jahre, die ich jenseits der Grenzen zu leben gezwungen war, abgeschnitten von dem bisherigen Leben und letzten Endes auch leider fremd geblieben. Ich habe mich etwas schwer zurückgetastet und bin seit einiger Zeit wieder dabei, von vorn anzufangen. Ich habe für die Fragestellungen der Beziehungen der Menschen untereinander allerdings einen breiteren und vor allem gefestigteren Blickkreis gewonnen, dafür aber Erfahrungen eingetauscht, die mich manchmal etwas hemmen. Es verlangt eine viel größere Energie, beharrlich – das bedeutet, hoffe ich, nicht nur als Außenseiter – zu sein.« (Franz Jung)
Feinde ringsum
Prosa 1930–1963
Herausgegeben von Lutz Schulenburg
Band 1/2 der Werkausgabe
Gebunden mit Schutzumschlag, 260 Seiten
Erschienen 1986
20,00 €
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Buchinfos | Band 1/2 der Werkausgabe Gebunden mit Schutzumschlag, 260 Seiten |
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Autor
Franz Jung, 1888 in Neiße, Oberschlesien, geboren. Börsenjournalist, Bohémien, Expressionist, Wirtschaftsanalytiker und revolutionärer Aktivist. Mitarbeiter der Aktion von Franz Pfemfert und des Malik-Verlags; Autor von expressionistischen und sozialkritischen Romanen und Erzählungen, schreibt für Piscator Theaterstücke. Mitinitiator der Dada-Bewegung, Teilnahme an den revolutionären Kämpfen nach 1918 und an der Entführung eines Schiffes nach Rußland. In der frühen Sowjetunion als Organisator der Hungerhilfe sowie im Wirtschaftssektor tätig. Nach 1933 von den Nazis verhaftet, illegale Tätigkeit in Genf, Wien und Budapest. 1944 Flucht nach Italien. 1947 Emigration in die USA, arbeitet in New York und San Francisco als Wirtschaftsjournalist. Ende der fünfziger Jahre Rückkehr nach Europa. 1961 erscheint erstmalig seine Autobiographie. Jung stirbt 1963 in Stuttgart.
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Franz Jung – Börsenjournalist, Bohémien, Expressionist und revolutionärer Aktivist. Dichter, Dada-Trommler, Freiwilliger und Deserteur des Ersten Weltkriegs, Aktivist des Spartakusbundes, Mitbegründer der KAPD, Vagabund, Schiffsentführer, Leiter einer russischen Zündholzfabrik, Wirtschaftsanalytiker und Börsenspekulant – schon zu Lebzeiten eine Legende.
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