Der Reaktor

SWR-Bestenliste Juli/August 2011

Roman

Aus dem Französischen von Cornelia Wend

Deutsche Erstausgabe
Gebunden mit Schutzumschlag, 128 Seiten

Erschienen Mai 2011

18,00 

Drei Selbstmorde hat es gegeben unter den Arbeitern im Atomkraftwerk. Einer der Toten ist Loïc, Yanns bester Freund, mit dem zusammen er schon seit Jahren als Zeitarbeiter im Rhythmus der jährlichen Wartungen von Reaktor zu Reaktor zieht. »Neutronenfutter« nennen sich diese Leute selbst, denn für jeden, der wegen zu hoher Strahlenbelastung ausfällt, gibt es sofort willigen Ersatz. Die Arbeiter leben im Wohnwagen oder im Hotel, vereint durch eine gewisse Solidarität, die sich aber bei der fehlenden Arbeitsplatzsicherheit und dem Stress unter der nuklearen Bedrohung schnell verbraucht. Dieser Roman macht die Bedrohung ebenso fühlbar wie die Faszination für das Kraftwerk und die Angst davor.

Élisabeth Filhol schreibt in einem nüchternen, lakonischen Stil, der die Atmosphäre unter den Beschäftigten, die physikalischen Prozesse sowie die Arbeitsabläufe kunstvoll verdichtet. Der Reaktor ist auch ein Symbol für die Gesellschaft.

Der Roman ist in Frankreich von einem großen Medienecho begleitet und mit dem Prix France Culture Télérama ausgezeichnet worden und stand auf der französischen Bestsellerliste.

Buchinfos

Gebunden mit Schutzumschlag, 128 Seiten

Autorin und Übersetzerin

Elisabeth Filhol

Élisabeth Filhol

Élisabeth Filhol wurde 1965 in Mende/Lozère geboren. Sie hat Wirtschaftswissenschaften studiert und als Buchprüferin in der Industrie, im Finanzwesen, in der Wirtschaftsanalyse und als Beraterin von Betriebsräten gearbeitet. Heute lebt sie in Angers. 2011 erschien ihr Debütroman Der Reaktor (orig. La Centrale, 2010), auf Französisch erschien 2014 außerdem der Roman Bois II. Doggerland ist ihr dritter Roman.

Cornelia Wend, geboren 1965 in Detmold, studierte Französisch und Germanistik in Hannover, Hamburg und Rouen. Seit 1994 arbeitet sie als freie Übersetzerin, u.a. von Jérôme Leroy, Patrick Pécherot, Paul Colize und Chloé Mehdi.

Pressestimmen

»… gläsern, nüchtern, sehr beklemmend.«
Alex Rühle, Süddeutsche Zeitung, Weihnachts-Buchempfehlung

»… Nach der Lektüre von Der Reaktor ist das Stichwort Atomenergie kein abstrakter Begriff mehr …«
Claudia Voigt, Der Spiegel

»… Bringt die beklemmende nukleare Bedrohung auf den Punkt.«
stern

»… Man liest dieses Buch mit Bewunderung.«
Dirk Knipphals, taz

»… Erinnert an Houellebecqs Ausweitung der Kampfzone …«
Alex Rühle, Süddeutsche Zeitung

»… ein erstaunliches literarisches Debüt, ein eindringlicher Text …«
Hans von Trotha, Deutschlandradio Kultur

»… Ein Hochdruck-Roman, elektrisierend und explosiv.«
Tobias Becker, KulturSpiegel

»… eher eine groß angelegte Reportage als ein Roman, kühl beschreibend, gnadenlos präzise …«
Jobst-Ulrich Brand, Focus

»… ein berührender und wichtiger Roman aus und über unsere Zeit.«
Jeannette Villachica, Wiener Zeitung

»… Die Lektüre des Romans ist unbedingt zu empfehlen.«
Maria Panzer, Lesart

»… ein erstaunliches und eigenwilliges Buch …«
Thomas Schaefer, Badische Zeitung

Presse zur französischen Originalausgabe:

»Ein Kernkraftwerk. Kein sehr literarisches Thema? Nicht wirklich verlockend? Ganz im Gegenteil, wie dieser Überraschungserfolg mit Ausnahmecharakter beweist: ein Debütroman auf der Höhe des Menschen und einer Gesellschaft, die dabei ist, ihre Orientierung zu verlieren. Die Autorin holt das, was viele bereits vor ihr geschrieben haben, auf eine Weise hervor, die bemerkenswert ist, dank eines tragenden und präzisen Stils, der verhindert, dass sie ins Demagogische verfällt. Spannungsgeladen und gefühlvoll. Das größte literarische Ereignis zum Jahresbeginn.«
Daniel Martin, Le Monde Magazine

»Hier gibt es keine Psychologie, kein Mitleid, keinen Lyrismus … Nichts als die Fakten, die Gesten, die Prozeduren – und der dumpfe Lärm der Kühltürme. Eisig und heiß zugleich. Ein Schock.«
Jérôme Garcin, Nouvel Observateur

»Wie wird man ein Atomkraftwerk, nachdem man Der Reaktor gelesen hat, wahrnehmen? Tausendmal wütender als vorher. Der Reaktor ist ein Roman über die Gefahren der Atomenergie, ein erschreckender Roman, der doch nicht einfach die Risiken der Atomkraftwerke im Allgemeinen aufführt, wie man das von einem ökologischen oder einem wissenschaftlichen Sachbuch erwarten könnte. Der Reaktor interessiert sich für die Menschen hinter der Maschine, die Männer und die seltenen Frauen, die dort arbeiten bzw. geschunden werden: für das Leben und die Arbeit der Zeitarbeiter in der Atomindustrie. Der Reaktor ist ein Debütroman und er ist verblüffend.«
Libération

»Bei der Erkundung von Der Reaktor, Elisabeth Filhols rasendem Debütroman von politischer Kraft, sozialer und wissenschaftlicher Präzision und literarischem Glanz, fragt man sich, woher dieses Buch stammt, das das Leben eines jungen Technikers in einem Kernkraftwerk erzählt. Es stammt aus unserer Zeit. Aus einem durch seine eigenen Zauberlehrlinge bedrohten Planeten, aus einem Jahrhundert, das das Erbe der Katastrophe von Tschernobyl – vom 25. April 1986 – antritt, aus einer Generation, für die das Nachdenken über Atomenergie unumgänglich ist.
René de Ceccatty, Le Monde des Livres

»Das Schicksal dieser menschlichen Bomben, ihrem Stress, der zum Selbstmord treibt, den gesundheitlichen Risiken durch radioaktive Strahlung, wird unverblümt erzählt. Der Reaktor, soziologisches Portrait Frankreichs, im Grunde sehr nahe an einem Thriller, ist ein schimmernder Roman. Elektrisierend.«
Baptiste Liger, L’Express

»Weit über eine reine gesellschaftliche Analyse hinaus besteht Elisabeth Filhols Talent darin, den technischen Jargon in eine poetische Sprache zu verwandeln, mit Sätzen, die leiden, aufatmen und sich bis aufs Äußerte strecken, auf das Bild der lebenden Maschine, die ihren Namen diesem bemerkenswerten Debütroman verleiht.«
Augustin Trapenard, Elle

»Die Zeitarbeiter und Zeitarbeiterinnen werden immer mehr und die gewerkschaftliche Stimme ist mitten im unsichtbaren Gefolge der prekären Arbeitsverhältnisse verschwunden. Elisabeth Filhol gibt ihnen in einem Roman, dessen fiktive Geschichte sehr nah an die Realität reicht, wieder Leben. Ein lebendiger und spannungsgeladener Stil begleitet hierbei eine ebenso romanhafte wie dokumentarische Erzählung. Ein Meisterwerk.«
Laurent Beauvallet, Ouest France

»In einem sehr informierten Roman zeigt Elisabeth Filhol die Fragilität einer immer unsicherer werdenden Atomindustrie. Eine echte literarische Bombe.«
Gilles Martin-Chauffier, Paris Match

Leseprobe

»Okay, sie werden eine gewisse Dosis abbekommen, aber das sieht man nicht, und die Arbeit ist sauber.«

Von außen gesehen nichts Beunruhigendes. Die Dampfwolken steigen über den Kühltürmen auf, und die sich über fünfhundert Hektar ausdehnende Anlage ist ein friedlicher Ort. Beeindruckend, aber friedlich. Unter Kontrolle. Ausgehend von diesem ersten Eindruck denkt man, auch drinnen müsste Stille herrschen, am Ort der Arbeit, Stammpersonal, Sicherheit und eine ununterbrochene Produktion, die seit ihren Anfängen nach den immer gleichen Gesetzen abläuft. Drei Selbstmorde in sechs Monaten. Und alle fragen sich, ob hinter der trügerischen Ruhe das System nicht langsam außer Kontrolle gerät, und ob Männer, von denen man vermutete, dass sie die Maschine steuern, künstlich unter Druck gehalten werden, bis sie irgendwann selber Risse bekommen, wie lange kann das so gehen, wann ist der Punkt erreicht, an dem es bricht? Über die Kohäsionskräfte des Atomkerns weiß man nicht besonders viel, aber man testet sie, man erkennt ihre eigentliche Größe erst während des Bombardements der Atome im Herz des Reaktors, das exakte Maß der Bindungsenergie, wenn der Kern sich spaltet, ein Riss hat sich aufgetan, ein Tabu ist gefallen, durch die Handlung eines Einzelnen, und das führt zu einer Kettenreaktion.

Wer noch etwas mehr lesen möchte:

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