Generalverdacht

Wie mit dem Mythos Clankriminalität Politik gemacht wird

Nautilus Flugschrift

Originalveröffentlichung

Broschur, 320 Seiten

Erschienen Oktober 2023

22,00 

Eine Dekonstruktion des rassistischen Narrativs der »Clankriminalität«, das von Polizei, Medien und Politik betrieben wird

Die Debatte um die sogenannte Clankriminalität hat seit Jahren Konjunktur. Ein immer weiter wachsendes Gefüge aus polizeilichen Maßnahmenkatalogen, Medienberichten, Entertainmentformaten und (pseudo-)wissenschaftlichen Beiträgen fantasiert eine Bedrohung herbei, gegen die hart durchgegriffen werden soll. Die Konsequenz sind Razzien, rassistische Kontrollen und Kriminalisierung in migrantischen Stadtteilen, die als Problembezirke gebrandmarkt werden; der falsche Familienname genügt, um auf polizeilichen Verdachtslisten zu landen. Politiker*innen in Berlin, Nordrhein-Westfalen und anderswo profilieren sich mit Null-Toleranz-Strategien gegen »kriminelle arabische Großfamilien« – und tragen damit eine Mitverantwortung für rassistische Morde wie in Hanau. Während »Clankriminellen« vorgeworfen wird, keinen Respekt vor dem Rechtsstaat zu haben, werden im Zuge ihrer Bekämpfung gleich mehrere Grundprinzipien von Rechtsstaatlichkeit über Bord geworfen.

Dieses Buch unternimmt erstmals eine kritische Bestandsaufnahme der Clan-Debatte aus kriminologischen, rechtswissenschaftlichen, soziologischen und feministischen Perspektiven: Wer ist gemeint, wenn von Clans gesprochen wird? In welcher Tradition stehen Kriminalisierungsstrategien im Umgang mit Migration in Deutschland? Welche orientalistischen Stereotype sind in der Clan-Debatte am Werk, und welche Folgen hat die Stigmatisierung für die betroffenen Menschen?

Mit Beiträgen von Ozan Zakariya Keskinkılıç · Vanessa E. Thompson · Mohammed Ali Chahrour · Britta Rabe · Fariha El-Zein · Michèle Winkler · Jorinde Schulz · Niloufar Tajeri · Laila Abdul-Rahman · Çağan Varol · Ria Halbritter · Levi Sauer · Lina Schmid · Céline Barry · Melly Amira · Elisabeth Winkler · Simin Jawabreh · Guillermo Ruiz · Tobias von Borcke · Mitali Nagrecha · Anthony Obst · Ahmed Abed · Biplab Basu · Parto Tavangar

Interview mit den Herausgeber*innen

Buchinfos

Broschur, 320 Seiten

Herausgeber*innen

Die Herausgeber*innen beschäftigten sich seit einigen Jahren aus verschiedenen aktivistischen und menschenrechtlichen Zusammenhängen heraus mit Politik und Polizeipraxis rund um den Mythos Clankriminalität. Tragende Säulen der Zusammenarbeit sind die Kampagne für die Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP Berlin), die Neuköllner Initiative Kein Generalverdacht und das Komitee für Grundrechte und Demokratie.

Veranstaltungen

Berlin und Online
Samstag, 27. April, 12 Uhr

Gespräch mit Autor Mohammed Ali Chahrour und Çetin Gültekin, Hinterbliebener des Anschlags in Hanau
Moderation: Aron Teuscher
Veranstaltungsort: taz Lab, Gelbe Bühne und im Stream
Eine Veranstaltung im Rahmen von taz Lab

Hamburg
Freitag, 03. Mai, 18.30 Uhr

Gespräch mit Laila Abdul-Rahman, Jorinde Schulz & Mohammed Ali Chahrour
Veranstaltungsort: Gängeviertel, Valentinskamp 34A, Seminarraum in der Fabrique
Eintritt frei

Wendland
Freitag, 10. Mai, 17.30 Uhr

Lesung, Input und Diskussion
Veranstaltungsort: Gasthof Meuchefitz, Meuchefitz 19
Eine Veranstaltung im Rahmen der Kulturellen Landpartie

Pressestimmen

»Die Herausgeber*innen haben es geschafft, einen wichtigen Baustein der sicherheitspolitischen Debatte mitsamt seinen Anknüpfungspunkten an die derzeit geführte Migrationsdebatte einzufangen und nachvollziehbar zu zerlegen.« Timo Stukenberg, Deutschlandfunk Andruck

»Es ist die Mischung aus wissenschaftlich gut fundierten Analysen und dem Bezug zu konkreten Geschehnissen im Alltag von sog. ›Clanmitgliedern‹, die dieses Buch auszeichnet. Es sollte Pflichtlektüre für alle PolitikerInnen, JournalistInnen, PolizistInnen und StaatsanwältInnen sein, die sich berufen fühlen (oder dazu berufen werden), in diesem Bereich zu agieren.« Thomas Feltes

Leseprobe

»Clankriminalität« ohne Rassismus zu denken funktioniert nicht. Verwandtschaftsverhältnisse können zwar die Basis bestimmter Organisationsstrukturen sein, doch eine (herkunftsunabhängige) Definition für organisierte Kriminalität gibt es bereits. Warum darüber hinaus die Notwendigkeit einer eigenen Definition, Registrierung und Verfolgung im Bereich der Allgemeinkriminalität und Ordnungswidrigkeiten besteht, ist mehr als erklärungsbedürftig. Die Frage ist dabei nicht, ob es in arabischen, kurdischen, palästinensischen, türkischen Familien Kriminalität gibt, die Frage ist eher, warum sie anders behandelt wird als weiß-deutsche Kriminalität. Denn wenn das maßgebliche Unterscheidungskriterium die Abstammung ist, dann liegt nichts anderes als Rassismus vor.
Das Spezielle an den »Clankriminellen« soll vor allem die Abschottung und Ablehnung des Rechtsstaats sein. Denn wer kennt sie nicht, die »biodeutschen Kriminellen«, die dem Rechtsstaat tagtäglich die Ehre erweisen, gerne mit der Polizei zusammenarbeiten, sich dankbar einem Gerichtsverfahren stellen und Streitigkeiten untereinander niemals außerhalb des offiziellen Rechtssystems klären. Eigentlich braucht man keine Forschung, um zu merken, dass Menschen, die Straftaten begehen, nicht so gut mit dem Rechtsstaat harmonieren. Forschung braucht man aber dann doch, wenn man behaupten will, dass die gesamte Familie, egal wie entfernt, im strafrechtlichen Sinne mitverantwortlich ist für diese Kriminalität, und in jedem Parkverstoß eines Familienmitglieds den Ausdruck der Ablehnung des Rechtsstaats zu erkennen meint. (aus dem Text »Die Quadratur des Kreises« von Laila Abdul-Rahman)

Inhalt und Leseprobe »Generalverdacht«

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