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Liebe Hanna, Deine Anna

Briefe über Liebe und Literatur

Deutsche Erstausgabe
Gebunden, 224 Seiten

ISBN 978-3-89401-299-1

15,80 

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Zwei Frauen schreiben einander Briefe, um sich ihr Verständnis von Erotik, Männer- und Frauenrollen, Sex, Begehren und all dem verdammten Zeug zu erklären. Die eine ist Schriftstellerin, die andere Verlegerin. Ein Jahr lang berichten sie wechselseitig von dem, was sich tut und was sich nicht tut. Entstanden ist ein Erfahrungsaustausch über das Schreiben und die Verlegerei, über Lebenspartner und kurzfristige Liebschaften, über Bücher, Filme, Poesie etc. Die Liebe taucht auf und ab, je nach Gegebenheiten, aber das Begehren bleibt. Die jeweilige Arbeitssituation und die Ausflüchte, die eigene Geschichte und die aufrechterhaltenen Utopien, die alltäglichen Banalitäten und die großen Wünsche – all das tauschen die beiden unverblümt und freimütig aus. Die Schriftstellerin arbeitet an ihrem Roman, die Verlegerin an einem aufwendigen Lektorat, aber auch sie schreibt nebenher. Gegenseitige Kritik und Ermunterung erhalten ihnen Arbeitsfreude und schöpferische Kraft. »Liebe Hanna, Deine Anna« ist ein intimer Bericht aus dem Leben zweier Frauen, die ihre Eigenart und ihre Freiheit zu bewahren suchen und der Frage nachgehen: Was macht uns stärker, klüger und glücklicher?

Buchinfos

Deutsche Erstausgabe Gebunden, 224 Seiten

Autorinnen

Hanna Mittelstädt

Hanna Mittelstädt

Hanna Mittelstädt, geb. 1951, lebt und arbeitet in Hamburg. Mit-Gründerin und 45 Jahre lang Mit-Leiterin der Edition Nautilus. War Co-Übersetzerin für viele Werke aus dem Französischen (u.a. Situationistische Internationale, Cravan, Picabia, Céline) sowie Redaktionsmitglied in den verlagseigenen Zeitschriften Revolte und Die Aktion. Veröffentlichte u.a.: im Verlag Peter Engstler die Prosabände Die Hacienda muß gebaut werden (1994), Augenblicke (1998) und Die Notwendigkeit des Mondes (2016). Künstlerische Leitung für die szenischen Lesungen: »König der verkrachten Existenzen« (über den Boxer-Poeten Arthur Cravan), Lesung Jörg Pohl, Musik HF Coltello; »Francis Picabia, Funny Guy & Dada«; »Der Torpedokäfer – Aus dem abenteuerlichen Leben des Franz Jung«, Lesung Corinna Harfouch, Iris Boss, Jörg Pohl.

Anna Rheinsberg

Anna Rheinsberg

Anna Rheinsberg, geboren 1956 in Hermsdorf im Norden Berlins. Lyrikerin, Prosaautorin, Essayistin und Herausgeberin u.a. von Texten von Autorinnen der zwanziger Jahre. Stipendiatin des Deutschen Literaturfonds und langjährige Mitarbeit beim HR Frauenfunk, Veröffentlichung mehrerer Prosabände in den 1980er Jahren, Journalistin für Frauenzeitschriften, Tageszeitungen, Radio und Fernsehen. Rheinsberg widmete sich intensiv dem Leben und Werk vergessener Autorinnen der 20er Jahre. Ihr erster Roman war Schau mich an (2000 bei Edition Nautilus). Zuletzt erschien 2004 der Liebesroman Basco.

Anna Rheinsberg ist die erste Autorin, die mit dem Renate-Chotjewitz-Häfner-Förderpreis für Autorinnen ausgezeichnet wurde.

Pressestimmen

»200 Seiten Briefe, in einer Zeit, da die Briefkultur schon längst totgesagt ist, die Mehrheit sich immer pausenloser stammelnd per Handy kontrolliert oder sich anonym im Netz verchattet. Richtige Briefe aus dem Jahr, in dem sich das nördliche Europa ansonsten mit der Entsorgung von Trauerblumenbergen für Lady Di beschäftigte. Zwei sehr unterschiedliche Frauen schreiben da füreinander, auf der Grenzlinie von Privatem, das immer auch gesellschaftlich wird, beide jenseits der Vierzig, erfahrungsoffen (und wortversessen), an Gegenwart und machbarer Zukunft mehr interessiert als an unfruchtbarem Vergangenheitsvoyeurismus.«
Die Weltwoche

»Das Ergebnis beweist: Briefschreiben ist eigentlich eine ideale Form der Literatur. Es verbindet die Lebendigkeit des Romans mit der Diskursivität des Essays und der Alltagsnähe des Tagebuchs, ohne deren jeweilige Nachteile zu übernehmen. (…) Herrliche Dialoge voll Herz und Poesie, lebensklug, welthaltig, unprätentiös, nicht ständig vom Odem des Weltgeists durchweht, wie es bei (großen) Männern der Fall ist, die Briefe (oder Tagebücher) schreiben.«
Neue Westfälische

»Ein Buch unter Frauen (so, wie es Gespräche unter Männern geben mag). (…) Es geht um Berufliches und Persönlichstes, um das Schreiben und um die Liebe zu Männern. Die Briefe sind im tatsächlichen Sinne eine Wechselrede; Themen, die die eine zum Klingen bringt, führt die andere weiter. An den schönsten Stellen ist das Buch daher wie ein Orchesterstück, das die Motive mit verschiedenen Stimmen variiert…
… gibt es in den Briefdialogen viel Sinnliches, Lebendiges. Die Arbeit beider Autorinnen ist der mitlaufende Untertext darin, Hanna Mittelstädts aufwendiges Lektorieren einer Che-Guevara-Biografie, das Entstehen von Anna Rheinsbergs neuem Roman. Und während sie sich darüber verständigen, dass sie vor lauter Arbeit nicht zum Schreiben über Erotik kommen, geht das Leben mit all seinen alltäglichen Abenteuern weiter. … So zeigen sich in den Kontexten die Gewinne und unwiederbringlichen Versäumnisse zweier Frauenleben, ganz ehrlich und unverstellt. Das Genre Brief ist ein unvergleichliches Medium.«
Neues Deutschland

»Es wird viel über private Gefühle und erotische Wünsche in ,Liebe Hanna – Deine Anna’ geschrieben. ,Du bist eine Romantikerin, Hanna’, hält Anna Rheinsberg ihrer Freundin vor und meint damit, Hanna würde zu sehr an den Ideen der Anarchisten festhalten und immer mehr an persönlicher Substanz verlieren. Während die Verlegerin Hanna bei Anna vermißt, daß sie für Träume und Utopien nicht mehr empfänglich ist. Als Künstlerin konzentriert Anna Rheinsberg ihr Augenmerk bewußt auf abstrakte, problementladende Sinnlichkeit. Zwei gegensätzliche Lebensentwürfe, deren Basen sich aus einer gegenläufigen Beurteilung und persönlichen Verarbeitung von 68 und der Linken in den Nachfolgejahren ergeben. Eine private Debatte, wovon endgültig Abschied genommen werden sollte, wohin ein dem Aufbruch von 68 verpflichteter Verlag und seine Macherin sich heute bewegen könnten. Dorthin, wo auch die ganz privaten Sehnsüchte Atemluft schnappen können, rät Anna Rheinsberg. Sollte ,Liebe Hanna – Deine Anna’ ein Konzept verfolgen – egal, wie es heißt, es geht auf.«
Kommune

»Es gibt berühmte Briefwechsel berühmter Verleger mit ebenso berühmten Autoren – dabei geht es zumeist um Abgabetermine, Kürzungsvorschläge am Text, Honorarforderungen, oft auch um Streitigkeiten wegen des Honorars, Vorschläge für ein gemeinsames Projekt, geplante Lesereisen etc. etc. Die vorliegenden Briefzeugnisse unterscheiden sich davon nachhaltig. Da schreiben sich zwei Frauen in relativ kurzen Abständen, zumeist recht ausführlich, über alles, was sie gerade beschäftigt und bewegt, da kommt es zu einem regen Austausch, ja zu einem wirklichen schriftlichen Gespräch. Und auch gelegentliche Besuche und häufige Telefonate beeinträchtigen die Wichtigkeit der schriftlichen Mitteilungen nicht. (…) Die in den Briefen dokumentierte Freundschaft wirkt belastbar und tragfähig. Zudem macht die Korrespondent neugierig auf Werke der Schriftstellerin Anna Rheinsberg und auf Publikationen, die Hanna Mittelstädt herausgegeben hat.«
NDR 3, Kulturelles Wort

Leseprobe

Wozu brauchen wir überhaupt Männer?
Keine uninteressante Frage

Liebe Hanna,
komme gerade den Berg hochgebuckelt, habe Deinen Brief gelesen. Der Kürbis, den ich kaufte, dicker Kürbis, fiel in den Dreck und auf meinen Schuh. Gottseinding, wie Frau B. immer zu sagen pflegt, is nix an meinem Zeh. So’n großer fetter Kürbis. Wird morgen zu Suppe (plus Avocado und Pastinake).
Was ist romantisch? Romantisch ist, was wir tun. Unsere Beschäftigung mit sinnlosen Nützlichkeiten, Rede-Gegenrede. Zärtlichkeiten pflegen. Dummes Zeug tun und denken und die Hoffnung dabei nie aufgeben. Das alles ist romantisch, denn es führt zu nichts, wird uns nicht reicher, nicht schöner, nicht glücklicher machen. Ganz im Gegenteil. Wie schrieb Li in ihrem letzten Brief? »Das Weltall ist mir immer ein Trost gewesen. Es würde alles auch gut ohne die Menschheit weiterbestehen, vielleicht sogar besser«.
Der Libanese ist weg. Das ist traurig, ich mochte ihn sehr. Ich habe alle Welt mit ihm traktiert und war wirklich verrückt nach ihm. Merkwürdige Geschichte. Ich wäre barfuß mit dem armen Kerl nach Caracas gegangen, wo ich dann für 5 $ und einen Gin, wie Freund Krause kürzlich bösartig bemerkte, unter einem Blechdach in den Favelas die Rückenlage hätte ausprobieren dürfen. Oder wir hätten eine Würstchenbude aufgemacht. Freund Krause hat Sinn für Realitäten.
Wozu brauchen wir überhaupt Männer? Keine uninteressante Frage. Warum begehren wir sie und begehren nicht Frauen? Liegt es an unserer (und ihrer) Ambivalenz? An den Widrigkeiten ihres Seins? An der »Biologie«? Was reizt uns an dieser Ambivalenz, die uns doch oft genug Enttäuschungen einbringt, Kummer, Probleme aller Art?
Ich grüße Dich, auf bald
Deine Anna

Liebe Anna,
»romantisch« würde ich das nicht nennen, dagegen zu halten, »die Hoffnung nicht aufgeben, die Zärtlichkeiten pflegen …« Ich denke nicht, daß es zu nichts führt, es führt zu dem, was wichtig ist: zur Wertschöpfung des Lebendigen vielleicht, und es wird uns glücklicher machen, was sonst, auch schöner! Es wird ein paar strenge Falten der Verbitterung und Entmutigung vertreiben und ein wenig Glanz in die Augen bringen.
Wo ist Dein Libanese hin? Was war er für Dich? Der Reiz eines anderen Lebensentwurfs? Würdest Du gern nach Caracas, Shanghai oder Albufeira, einfach der Sonne nachgehen oder dem Mond bzw. dem Abenteuer, dem, was man sich darunter vorstellt, dem Nomadenleben? Haus, Heim, Schreibtisch verlassen und ein anderes Leben führen?
Ich möchte, wenn ich mir nichts vormache, ein Abenteuer, ich möchte einen Kerl, der mich begehrt, der Spaß an mir hat, der meinen Humor und meine Ironie genießen kann, dessen Fremdheit mich anzieht, der zu jeder Tages- und Nachtzeit mit mir schlafen mag, rumziehen, reisen, Neues sehen … Das wäre, was ich wollte! Was dann daraus wird – wer weiß … Würdest Du sagen, daß Du »das Männliche« verachtest? Dabei sitzt Du doch gern daneben und schaust zu, oder?
Deine Hanna

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